Ein Münchner Herrenausstatter hat die Stadt mit nackten Männern plakatiert, untermalt mit der Frage: "Wer kann Mann?". Ergebnis der Kampagne ist, dass der besagte Ausstatter "Mann kann". die dritte Runde der Plakataktion zeigt die zuvor nackten Männer halb angezogen, halb nackt.
Wenn die ganze Stadt mit nackten Frauen plakatiert gewesen wäre, hätte ich sofort gesagt, dass die Kampagne sexistisch ist. Kann Mann Sexismus ausgesetzt sein? Ist diese Kampagne sexistisch? Ich denke: ja und nein. Die Männer auf den Bildern wurden ausnahmslos zwar nackt, aber dabei nicht vergleichbar mit Frauen in einer Unterwäschekampagne dargestellt. Wir erinnern uns: Frauen liegen hingestreckt, mit leicht geöffnetem Mund auf zerwühlten Laken. Die Männer in der "Kann-Mann"-Kampagne wurden stark, muskulös und keinesfalls hingestreckt dargestellt. Ein Mann hat eine Startposition wie bei einem Rennen.
Und trotzdem werden sie auf den Plakaten reduziert: alle Männer in der Kampagne entsprechen, nackt oder angezogen, dem Bild, das von Männern erwartet wird. Sie haben Muckis, sie lassen sich keine Butter vom Brot nehmen, angezogen oder nackt. Es wird also für die Männer genau wie für die Frauen angenommen, dass sie genau einem Bild entsprechen können: Frauen - nackt - hingegeben - Laken - offenmundig. Männer - nackt - stark - Rennen - Starten.
Will ich jetzt verbieten, dass Werbung Haut zeigt? Erstmal: nein. Aber ich will Vielfalt sehen: Frauen, die, wenn sie schon in Unterwäsche gezeigt werden, mal was anderes machen, als mit offenem Mund rumzuliegen. Und Männer, die auch ohne Muckis in der Renn-Start-Position sitzen. Das ist vermutlich ein weiter Weg. Aber er kann ja irgendwann man anfangen...
Montag, 6. April 2015
Freitag, 3. April 2015
Das optimale Selbst
Höchst erfoglreiche Personen haben Morgenroutinen. Das vertreten Blogs, die sich der Erhöhung von Produktivität und der Selbstoptimierung verschrieben haben. Diese Rolemodels der Selbstoptimierung stehen (standen) zwischen 5 und 6 auf, machen 45 Minuten Sport, lesen dann ihre Mails, gehen duschen, treffen Entscheidungen und sind um 8 Uhr bei ihrem höchst erfolgreichen Job, wo sie entsprechend wach ihre optimale Produktivität ausagieren. Die Morning Rituals kann jeder erreichen, sagt z. B. Jeff Sanders, der den Podcast "the five a.m. miracle" betreibt. Mit dem markigen Satz "dominate your day before breakfast", blendendem Lächeln und dem Rat, vor dem Frühstück einen Liter Wasser zu trinken (dann übrigens - so Sanders - seinen Weg zur Arbeit entlang der öffentlich zugänglichen Toiletten zu planen - kein Witz) weiß Sanders, dass jeder erfolgreich werden kann. Jeder. Wenn er um 5 Uhr aufsteht.
Die höchst erfolgreiche Sicherheitsangestellte am Flughafen Franz-Josef-Strauß sitzt um 5 Uhr bereits in der S 8 und passiert gerade Hallbergmoos. Die höchst erfolgreiche Krankenschwester kommt um 5 von der Nachtschicht nach Hause und fällt todmüde aufs Sofa. Die höchst erfolgreichen Eltern eines 3 Monate alten Babys stehen um fünf auf. Sie dominieren ihren Tag vor dem Frühstück. Oder lassen ihn dominieren, von den ziemlich basalen Bedürfnissen des Säuglings.
Der Wunsch nach Produktivität und Erfolg ist nachvollziehbar und er treibt mich auch um. Sonst hätte ich nicht eine Folge des 5-Uhr-Wunders gehört (naja, eine halbe). Für mich haben diese Morgenrituale aber einen basalen Makel: Dass Steve Jobs um 5 Uhr vor dem Spiegel stand und sich die Frage stellte, was wäre, wenn das der letzte Tag seines Lebens wäre [und so weiter], dass andere um 5 auf dem Laufband stehen oder literweise Wasser trinken funktioniert nur ab einer halbwegs privilegierten Situation. Dann, wenn eigentlich alles stimmt - Einkommen, private Situation und deren Entlastung, Zeitbudgets und Gesundheit. Das, was den (im wirtschaftlichen Sinne) erfolgreichen Menschen zum supererfolgreichen macht, kann vielleicht dadurch erreicht werden, dass er um fünf Uhr aufsteht. Für die Flughafenangestellte stimmt das nicht. Sie steht ohnehin um vier Uhr auf. Weil sie muss.
Und nicht zuletzt lässt mich der Gedanke schaudern, dass jeder Spaß und Genuss der Aufforderung untergeordnet wird, um 5:15 auf dem Laufband zu stehen. Wenn nicht einmal der Morgen mehr der freien Entfaltung dienen kann, dann würde ich die klassische Steve-Jobs-Frage vielleicht irgendwann auch mit "Nein" beantworten.
Die höchst erfolgreiche Sicherheitsangestellte am Flughafen Franz-Josef-Strauß sitzt um 5 Uhr bereits in der S 8 und passiert gerade Hallbergmoos. Die höchst erfolgreiche Krankenschwester kommt um 5 von der Nachtschicht nach Hause und fällt todmüde aufs Sofa. Die höchst erfolgreichen Eltern eines 3 Monate alten Babys stehen um fünf auf. Sie dominieren ihren Tag vor dem Frühstück. Oder lassen ihn dominieren, von den ziemlich basalen Bedürfnissen des Säuglings.
Der Wunsch nach Produktivität und Erfolg ist nachvollziehbar und er treibt mich auch um. Sonst hätte ich nicht eine Folge des 5-Uhr-Wunders gehört (naja, eine halbe). Für mich haben diese Morgenrituale aber einen basalen Makel: Dass Steve Jobs um 5 Uhr vor dem Spiegel stand und sich die Frage stellte, was wäre, wenn das der letzte Tag seines Lebens wäre [und so weiter], dass andere um 5 auf dem Laufband stehen oder literweise Wasser trinken funktioniert nur ab einer halbwegs privilegierten Situation. Dann, wenn eigentlich alles stimmt - Einkommen, private Situation und deren Entlastung, Zeitbudgets und Gesundheit. Das, was den (im wirtschaftlichen Sinne) erfolgreichen Menschen zum supererfolgreichen macht, kann vielleicht dadurch erreicht werden, dass er um fünf Uhr aufsteht. Für die Flughafenangestellte stimmt das nicht. Sie steht ohnehin um vier Uhr auf. Weil sie muss.
Und nicht zuletzt lässt mich der Gedanke schaudern, dass jeder Spaß und Genuss der Aufforderung untergeordnet wird, um 5:15 auf dem Laufband zu stehen. Wenn nicht einmal der Morgen mehr der freien Entfaltung dienen kann, dann würde ich die klassische Steve-Jobs-Frage vielleicht irgendwann auch mit "Nein" beantworten.
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