Mittwoch, 20. Mai 2015

Einfach mal so

Zwei Männer schreien. Ich denke, dass das nicht ungewöhnlich ist und als noch eine Frau schreit, bin ich auch nicht beunruhigt. Als das Schreien der Frau in ein Quietschen und Wimmern übergeht, das einerseits wie ein Welpen klingt, andererseits aber ziemlich verzweifelt, halte ich inne. Ich kenne das Gefühl, glaube ich, und überlege, mich umzudrehen. Ich will eigentlich nach Hause. Als gleichzeitig zwei Menschen über die Straße rennen und die zwei Männer und die Frau anschreien, drehe ich mich um und renne zurück. Das Wimmern wird lauter und schriller, das Schreien auch und die Balkontür klappt zu. Man hört nichts mehr.

Ein Mann steht noch auf dem Balkon, zündet sich eine Zigarette an und ruft: er ist da drin, rufen Sie die Polizei. Ich rufe, "soll ich die Polizei rufen?" Alle um mich rum brüllen mich an "rufen Sie die Polizei!".

Als das Auto eintrifft, ist es ruhig. Ich weiß nicht, was passiert, werde nach Hause geschickt. Ich schließe meine Wohnung auf und fange an zu Weinen. Die Katze hat sich auf ihr Futter gefreut. Die Katze guckt erschrocken. Sie hat trotzdem Hunger. Ich füttere die Katze, putze meine ganze Wohnung und bin froh um den Frieden.

Gewalt in Familien sieht man meistens nicht. Man hört sie nicht, weil Weinen sich auch anhören kann wie Lachen, weil man bei den meisten Schreien denkt, ach die kabbeln sich einfach mal so. Ich werde zukünftig genauer hinhören.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen